Open Source aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Entstehung von Open Source
Um die Wurzeln von Freier Software bzw. Open Source zu
finden, muss man zurück in die Pionierjahre von Richard
Stallman und der Gründung des GNU-Projekts (GNU ist ein
rekursives Akronym - GNU is Not Unix). Stallman war am MIT
Mitglied einer Software-Tauschgemeinschaft. Wer immer ein
Programm von ihnen haben wollte, konnte es bekommen. Er
meinte, diese Philosophie sei so alt, wie Köche die Rezepte
austauschten. Als sich diese Gemeinschaft auflöste, beschloss
Stallman ein Projekt zu starten das eine solche Gemeinschaft
wieder ermöglichen konnte. Um beliebige Freie Software
schreiben zu können, wollte er zuerst ein freies
Betriebssystem haben um wirklich unabhängig zu sein. Der
Umstieg auf das neue GNU-System sollte einfach, und das System
selbst portabel sein. So erschien es ihm als das Beste, dass
das System kompatibel zu Unix sein sollte. Das GNU-Team begann
also Standard-Programme (versch. Konsole-Programme, Compiler,
Texteditoren, usw.) die jedes Betriebssystem braucht, zu
schreiben bzw. auf bestehende freie Software zurückzugreifen
wie z.B. den X-Server der auch jetzt noch die Basis für die
graphische Oberfläche unter Linux und BSD darstellt. So
sammelten sich viele nützliche Programme an, die man unter dem
Begriff GNU-Tools kennt. Weil Linux auch UNIX kompatibel ist,
kamen die Tools dort zum Einsatz und gaben dem System-Kern des
Finnen Linus Torvalds Auftrieb. Die GNU-Gemeinschaft legt viel
Wert darauf, dass man immer von "GNU/Linux" spricht, weil mit
Linux selbst "nur" der Kern des Betriebssystems gemeint ist
und erst in Kombination mit den GNU-Tools zu einem brauchbaren
Betriebssystem wird. Dieses Erfolgs-Duo hat OS bekannt
gemacht, nicht zu vergessen der Apache-Webserver, der
Mozilla-Browser (Netscape), OpenOffice uvm. .
"Freie Software" oder "Open Source?" Die GNU-Gemeinschaft
sagt - Freie Software wird als eine soziale Haltung
verstanden. Open Source (offener Quellcode eines Programms)
hingegen lediglich ein technischer Nutzen. Es seien also zwei
komplett verschiedene Ausrichtungen. Da sich der Begriff „Open
Source“ in der Wirtschaft sehr etabliert hat verwenden ihn
viele Leute und auch die OSIV gleichbedeutend mit „Freie
Software“.
Open Source in der Wirtschaft
Es liegt in der Natur der meisten Unternehmen so profitabel
wie möglich zu arbeiten und weniger einer Ideologie zu folgen.
Die Frage ist also, was bringt OS einem Unternehmen aus
finanzieller Sicht? Den Vorteil den die meisten als erstes
erkennen, sind die wegfallenden Lizenzkosten. OS-Software
kostet indirekt natürlich auch Geld, weil sich IT-Kräfte im
Betrieb einarbeiten müssen und die Software auch gewartet
werden muss. Zu diesem Thema gibt es einige Studien über die
TCO (Total Cost of Ownership) eines Systems bzw. einer
Software, welche Erhaltungskosten neben dem Kauf entstehen.
Linux wird in einer Studie der Butler-Group „Server Operating
Systems -- Winners and Losers in the Open/Proprietary OS
Market“ als das neue Server-Betriebssystem gesehen. Es soll
UNIX- und Microsoft-Systeme bis 2009 größtenteils ersetzen.
Als Gründe dafür werden unter anderem die Lauffähigkeit auf
verschiedenen Hardware-Plattformen, Sicherheit und die
einfachere Wartbarkeit genannt.
Das noch unterschätzte Potential von OS ist die gemeinsame
Entwicklung von Software. Selten hat ein Unternehmen ein
Problem allein, so liegt es nahe, sich mit anderen
zusammenzuschließen und gemeinsam eine Lösung zu entwickeln.
Die OSIV möchte aus diesem Grund ein Entwicklernetzwerk
aufbauen.
Technik
Auf der technischen Seite schätzt man an OS-Software die
Transparenz die durch den verfügbaren Quellcode möglich ist.
Die meisten OS-Projekte sind zudem gut dokumentiert. Diese
Möglichkeit der Einsicht wird auch Whitebox genannt, im
Gegensatz zu der Blackbox, bei der einem das innere
verschlossen bleibt. Ein gutes Beispiel ist Linux, von dem
viele Administratoren aus eigenen Erfahrungen bestätigen
können, dass es einfacher zu administrieren ist als
proprietäre Betriebssysteme, weil man bis an tiefliegende
Stellen im System vordringen kann.
Wieso das Rad immer wieder neu erfinden? Wenn es einen guten
Programmteil gibt, der einem ein Problem löst, kann der
Entwickler es verwenden bzw. adaptieren. Das kann bei Neu- und
Weiterentwicklungen Zeit sparen.
OS liefert auch schnelle Bugfixes (Fehlerbehebungen), weil
durch die Mitarbeit vieler Entwickler eine schnelle Behebung
möglich ist und vor allem bei Sicherheitslücken keine
strategischen Entscheidungen des Herstellers die
Veröffentlichung verzögern können.
Soziales Potential von Software
Wenn man sich die Liste der Länder anschaut, die OS in
Regierungen und anderen öffentlichen Einrichtungen einsetzen,
fällt einem Europäer sofort die hohe Anzahl an asiatischen
Staaten auf: China, Japan, Südkorea, Vietnam, Malaysien, aber
auch Israel und Brasilien. Meistens sind es ärmere Länder die
sich viel Geld durch die wegfallenden Lizenzgebühren sparen.
Da Software in diesen Einrichtungen auf sehr vielen Computern
zum Einsatz kommt, stellen Lizenzgebühren oft eine zu hohe
Einstiegsschwelle dar.
Keine Diskriminierung, ist auch ein wichtiges Motto von OS.
Das bedeuted, keine Einschränkung auf bestimmte
Einsatzgebiete, Branchen oder Hardware (z.B: Anzahl von
Prozessoren).
Dem Ideal, Wissen soll frei sein, kann auch mit OS
nachgekommen werden. Das von einer Firmenvereinigung
gegründete Projekt EDUPlone, bietet eine
freie Lernplattform an die auf dem freien
Content-Management-System (CMS) Plone basiert.
Recht und Lizenzen
Um die Philosophie rechtlich von OS zu verankern, braucht
es Lizenzen. Die erste OS-Lizenz, die GPL (GNU Public License)
stammt vom GNU-Gründer Richard Stallman. Er sah die
Notwendigkeit dazu, als er in den Anfängen des GNU-Projekts
mehrere Anfragen bekam, unter welchen Bedingungen die
GNU-Tools denn benützt und weitergegeben werden dürfen.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von OS-Lizenzen die
folgende Eigenschaften teilen:
- Jeder darf die Software benutzen und weiterverteilen
- Der Quellcode muss verfügbar sein. Entweder im Internet, in der Software enthalten, oder auf Anfrage auf CD
- Der Quellcode darf verändert werden, und in dieser veränderten Form weitergegeben werden
- Keine Einschränkung des Einsatzgebiets
Vorallem von der GPL gibt es oft unterschiedliche Auslegungen, wie stark diese Lizenz meine eigene Software mit der GPL „infiziert“, wenn ich eine GPL-Software mit meiner Software benütze. Z.B. wenn mein Programm auf eine GPL-lizensierte Bibliothek zugreift, muss ich dann auch meine Software freigeben? Aus diesem Grund hat man die Library-GPL, jetzt Lesser-GPL(LGPL) erstellt, die dieses Lizenzproblem beheben sollte. Einige Leute begannen OS eher als offene Basis zu sehen und haben Lizenzen entwickelt, die eine Verwendung in proprietären Produkten erlauben, diesen Produkten also nicht ihre Lizenz aufzwingen. Darunter fallen alle BSD- Lizenzen, die Apache-Lizenz, die Mozilla-Lizenz und noch weitere. So wird FreeBSD als Basis für das aktuelle Apple-Betriebssystem OS-X verwendet, Apache mit der Oracle-Datenbank ausgeliefert und Mozilla als plattformunabhäniges Framework von eineigen Programmen verwendet.
Ein aktuelles Problem sind die Bemühungen von Softwaregiganten, Softwarepatente in Europa einzuführen. Solche Patente wären nicht nur für OS, sondern auch für alle klein- bis mittelgroßen IT-Betriebe ein Problem. Sie behindern die freie Entwicklung und trotzen dem natürlichen Umstand, dass man die gleiche Idee unabhängig voneinander haben kann. Hier das viel zitierte Beispiel: „Mozart hätte keine Sonaten schreiben können, wenn Haydn die Sonatenform patentiert hätte.“ Wo das Copyright lediglich vor dem einfachen Klau schützt, bindet ein Patent eine Idee an ein Unternehmen. Als sogenannte Trivial-Patente sind hier Fortschrittsbalken oder der Doppelklick zu nennen. Softwareentwicklung wird dadurch zum Alptraum. Weitere Informationen dazu auf der Website der Foundation for a Free Information Infrastructure (FFII).
Zuletzt verändert: 19.06.2004 19:07